Arith­metik von L-Funk­tion­en

Seit Leonhard Eulers Beweis der Unendlichkeit der Menge der Primzahlen mithilfe der heutzutage nach Riemann benannten Zeta-Funktion sind Zeta- und allgemeiner L-Funktionen aus der Zahlentheorie nicht wegzudenken. Im letzten Jahrhundert manifstierte sich dies insbesondere in der Formulierung des Langlands-Programmes, sowie der sich hieraus ergebenden Konsequenzen. Eine der wesentlichen Motivationen für das Studium von L-Funktionen kommt aus der arithmetischen Geometrie, wo algebraische Varietäten über dem Körper Q der rationalen Zahlen oder gar über dem Ring Z der ganzen Zahlen studiert werden. Eine solche Varietät gibt dann einerseits zu einer klassischen komplexen algebraischen Varietät über dem Körper der komplexen Zahlen Anlaß, andererseits erhalten wir jedoch für jede Primzahl p durch Reduktion modulo p ebenfalls eine Varietät über einem endlichen Körper der Charakteristik p. In diesem Sinne lassen sich Varietäten (technisch korrekt: Schemata) über Z als Familien von Varietäten auffassen.

Da es über einem endlichen Körper nur endlich viele Lösungen eines poynomiellen Gleichungssystems gibt, finden wir über einem endlichen Körper nur endlich viele Punkte auf einer Varietät. Die L-Funktion (bzw. die Zeta-Funktion) zu einer Varietät faßt vereinfacht ausgedrückt diese Anzahlen an Punkten für jedes p in einem Euler-Produkt zusammen. Bereits die Aussage, daß ein solches Produkt in einer rechten Halbebene konvergiert liegt sehr tief und ist eine Konsequenz der von Pierre Deligne bewiesenen Weilschen Vermutungen. Wir vermuten, daß jedes derartige Eulerprodukt eine meromorphe Fortsetzung auf ganz C besitzt, mit endlich vielen Polen, welche im Wesentlichen sämtlich in einem präzise formulierten Sinne vom wohlbekannten Pol der Riemannschen Zeta-Funktion herrühren.

Die methoden der algebraischen und arithmetischen Geometrie erlauben es uns nicht, derartige Aussagen über L-Funktionen zu beweisen. An dieser Stelle betritt das Langlands-Programm die Bühne, da dort ebenfalls L-Funktionen definiert werden, jedoch nicht ausgehend von algebraischen Gleichungen über Zahlkörpern, sondern ausgehend von (meistens) unendlichdimensionalen Darstellungen gewisser lokal-kompakter Gruppen auf Hilberträumen, den sogenannten automorphen Darstellungen. Diese L-Funktionen haben den Vorzug, daß sie sich auf ganz C fortsetzen lassen und ihre Pole kontrollierbar sind und eine der Prämissen des Langlands-Programmes ist, daß jede L-Funktion arithmetisch-geometrischen Ursprungs mit einer L-Funktion einer automorphen Darstellung übereinstimmt und sich daher insbesondere meromorph auf ganz C fortsetzt. Letztere Aussage ist jedoch nur eine von vielen Konsequenzen, welche sich aus einer derartigen Korrespondenz ergeben würden. Vielmehr erlaubte uns eine derartige Korrespondenz, sehr konkrete Fragen aus der arithmetischen Geometrie in entsprechende Fragen über automorphe Darstellungen und ihre L-Funktionen zu übersetzen, wo wir teilweise in der Lage sind, diese Fragen tatsächlich zu beantworten.

Ein konkretes Beispiel ist die Konstruktion p-adischer L-Funktionen, von welchen wir erwarten, daß sie viel arithmetische Information aus den a priori komplex-analytischen L-Funktionen extrahieren. Ihre Konstruktion gelingt aktuell jedoch lediglich auf automorpher Seite, obwohl ihr Studium arithmetisch motiviert ist.

In der Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns im Rahmen des Langlands-Programms mit speziellen Werten von L-Funktionen, sowie der Konstruktion p-adischer L-Funktionen und ihren arithmetischen Anwendungen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Studium der hierdurch aufgeworfenen Fragestellungen in der Darstellungstheorie reeller reduktiver Gruppen. Ein einführender Podcast zum Thema L-Funktionen findet sich hier und beim BIRS-CMO findet sich eine einführende Vortragsreihe für Experten. Die passenden Folien sind hier zu finden.

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