Geo­me­trie im Un­end­li­chen - DFG för­dert For­schungs­pro­jekt von Pa­der­bor­ner Ma­the­ma­ti­ker

Fliegt ein Flugzeug immer geradeaus, umrundet es irgendwann die annähernd kugelförmige Erde auf einer kreisförmigen Flugbahn – vorausgesetzt, es handelt sich um ein Flugzeug, dem nie der Sprit ausgeht. In Räumen mit einer komplexeren Geometrie als jener der Erde können die gedachten Bahnen eines immer geradeaus fliegenden Flugzeugs dagegen deutlich komplizierter aussehen. Wie aber ließen sich diese sinnvoll mit Zahlen charakterisieren? Diese und weitere Fragen beschäftigen den Mathematiker Dr. Benjamin Küster von der Universität Paderborn im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Geometry at infinity“ (SPP 2026).

In der Mathematik bezeichnet man die lokal kürzeste Verbindungskurve zweier Punkte als Geodäte. Ein immer geradeaus fliegendes Flugzeug wird so auf der Erde immer dieselbe Route fliegen, dieselben Orte sehen und alles außerhalb der Route nie überfliegen. Ganz anders sieht es hingegen in der Geometrie der „lokal-symmetrischen Räume“ aus. In seinem DFG-Teilprojekt untersucht Küster zusammen mit Wissenschaftlern der AG „Spektral Analysis“ Räume, die sich wesentlich von der oben beschriebenen Situation unterscheiden: „Die Räume, mit denen wir uns beschäftigen, haben im Gegensatz zur Erde keinen endlichen Durchmesser. Es gibt also Orte mit beliebig großer „Luftlinienentfernung“ zueinander. Der zweite Unterschied zur Erde ist, dass ein imaginäres Flugzeug, das in den von uns betrachteten Räumen stur geradeaus fliegt, typischerweise nicht immer dieselbe Flugbahn wiederholen wird. Seine Route sieht eher chaotisch aus. Zudem können diese Räume beliebig viele Raum- und Zeitdimensionen haben. Bei mehreren Zeitdimensionen kommt die Analogie mit den Flugbahnen an ihre Grenzen – man bräuchte dann mehrere Flugzeuge, die nicht mehr alle geradeaus fliegen, sondern nach gewissen Regeln ihre Richtung ändern würden.“

Geometrie und Dynamik in Zahlen

Um lokal-symmetrische Räume zu untersuchen und zu charakterisieren, stützen sich die Wissenschaftler auf sogenannte „Resonanzen”. Das sind Verallgemeinerungen des Konzepts der Resonanzfrequenzen. Küster: „Im Fall einer geschlossenen Flugbahn auf der Erde ist die Situation einfach. Hier gibt es nur eine Resonanzfrequenz, und zwar das Inverse bzw. den Kehrwert der Zeit, die ein Flugzeug mit vordefinierter Geschwindigkeit braucht, um die Erde zu umrunden. Auf einer Erde mit Mondgröße wäre diese Zeit kürzer, die Resonanzfrequenz also höher.“ So enthalten die im Projekt betrachteten Geometrien zwar auch geschlossene Geodäten, auf die meisten treffe dies jedoch nicht zu, weswegen sie auch keine Umrundungszeit besitzen würden. „Dennoch lassen sich auch in diesem Fall Resonanzen definieren, die es einem erlauben, die „Flugbahnen“ mit Hilfe von Zahlen zu charakterisieren und beispielsweise quantitativ zu beschreiben, wie „chaotisch“ die Bahnen sind“, so der Paderborner Mathematiker.

Neue Forschungsfragen entdecken

Das Thema „Resonanzen“ berührt mehrere Teildisziplinen der Mathematik wie Analysis, Geometrie, dynamische Systeme, Zahlentheorie und mathematische Physik. Küster: „Während es in der angewandten Mathematik und der Physik durchaus „reale“ Resonanzfrequenzen gibt, die man etwa in einem Experiment messen und mit einem mathematischen Modell vergleichen kann, bieten die im Projekt betrachteten abstrakteren Aspekte des Forschungsgebiets innerhalb der reinen Mathematik Anwendungsmöglichkeiten beispielsweise durch neue Beweismethoden. Vor allem aber gibt es zahlreiche spannende neue Forschungsfragen und -richtungen, die es erst noch zu entdecken gilt.“

Die DFG fördert das Projekt am Paderborner Institut für Mathematik unter dem Titel „Resonanzen für nicht-kompakte lokal-symmetrische Räume“ für die nächsten drei Jahre mit 291.500 Euro.

Foto (Universität Paderborn): Dr. Benjamin Küster, Institut für Mathematik.

Kontakt

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Dr. Benjamin Delarue

Spektral Analysis

Projektleiter, DFG-Projekt "Resonanzen für nicht-kompakte lokal-symmetrische Räume"

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